Dieses Jahr erkundeten wir den französischen Südosten vom Jura über den Vercor in die Provence, die Cevennen und das Languedoc.
Der Film zur Tour wartet bei Vimeo auf Euch (Kennwort: Boviszop). Eine vollständige Auswahl aller Fotos (über 300) findet Ihr hier.
Autozug Hamburg - Lörrach
Am 03.06.2014 starteten wir in Altona mit dem allseits bekannten Autozug nach Lörrach.
Die erste Tour führte nach dem Aufsammeln von Kai und einem kurzen Wiedersehen mit Matthias von Lörrach aus durch das französiche Jura. Im Doubs-Tal und dem Cirque de Consolation (U-förmiger Talabschluss mit 300 m hohen Felswänden) war das Wetter noch einigermaßen trocken, am Nachmittag aber wurden unsere Regenkombis einem intensiven Test unterzogen, die Straßen erforderten bei wechselnden Belägen die ganze Aufmerksamkeit. Das 1. Quartier bezogen wir südlich von Pontralier (Stadt des Absinth ...) in der Auberge du Herisson an den gleichnamigen Wasserfällen.
Französisches Jura
Der Weg in das Chartreuse-Gebirge nördlich von Grenoble führte uns am westlichen Rand des Rhonetals oberhalb des Lac du Bourget über den Grand Comlombier mit einer grandiosen Aussicht. Die Chartreuse selbst zeigte sich bei herrlichem Sonnenschein als wunderschön-liebliche Gegend. Und zum Abschluss des Tages folgte ein gemütlicher Abend auf der Terrasse des Val Ombre und ein leckeres Abendessen in netter Tischrunde mit anderen französichen Gästen.
Chartreuse
Am nächsten Tag erwartete uns mit dem Col du Coq ein beeindruckender in den Felsabhang gelegter Asphaltwurm. Das verkehrsarme Kurvenschwingen auf dem Felsstock des Vercor
entschädigte für die entnervende Fahrt durch Grenoble mit gefühlten 100 roten Ampeln bei Gluthitze. Die eigentlich vorgesehene Runde zur Alp d'Huez haben wir auf die kommenden Jahre verschoben.
Das gepflegte Motorrad-Hotel "Le Maronnier" südwestlich von Grenoble erreichten wir bereits am frühen Nachmittag und machten einen Ausflug zur beeindruckenden, in den Felsen geschlagene Straße durch die Gorges du Nan. Am frühen Abend ließen wir es uns im Pool und auf der Panoramaterasse bei einem (oder waren es zwei?) Bierchen gutgehen.
Vercors
Das Versor ist eine geschichtsträchtiger Fels- und Schluchtenlandschaft, die traurige Berühmtheit als Zentrum des französischen Widerstandes während der deutschen Besatzung erlangte. Mit gemischten Gefühlen haben wir ein Denkmal der Resistance 60 Jahre nach den schrecklichen Ereignissen besucht.
Combe Laval
Der Vercors hielt wirklich alles bereit, was uns den Mund weit offenstehen ließ: hügelige Hochebenen wechselten mit dramatischen Schluchten. In Pont-en-Royans fragten wir uns nicht zum letztem Mal, was Menschen dazu bringt, ihre Häuser in den Felsen zu bauen, wo doch wenige hundert Meter weiter flacheres Gelände lockte. Es muss die strategische Lage am Ufer der Isère den Ausschlag gegeben haben.
Die nachfolgende Streckenführung durch die Felswand des Combe Laval ist wirklich atemberaubend ...
Nach dem Verlassen des Vercors waren wir plötzlich mittendrin in der mediterranen Welt voll mit Kräuterduft und dem morbidem Charme der Dörfer und Städte.
Pension Mona Lisa (Jean-Marie)
In der urigen Pension Mona Lisa (http://www.gite-monalisa.com/, ehemaliger Ziegenstall) mit Panoramablick auf den Mont Ventoux
haben wir 2 Übernachtungen die Provence und den wunderbaren Gastgeber Jean-Marie genossen. Ein tolles Erlebnis war der Abend im Kreise der übrigen (französichen) Gäste: Das heitere Beruferaten kulminierte in der Einführung der französischen Kinder in die Kunststoffwaffenkunde durch unsere Experten, den Schutzmann Hubert. Das anschließende Gitarrenkonzert von Jean-Marie ("Fly me to the moon" von Frank Sinatra [1.944 KB]
, "Syracuse" von Henri Salvador [2.229 KB]
, "That's how I got To Memphis" von Tom T. Hall [2.753 KB]
) war etwas ganz Besonderes.
Die Rundtour durch die Provence zeigte uns die Vielfältigkeit der Landschaft (Col du Pas de la Graille, Gorges de la Nesque, Lavendelfelder kurz vor der Blüte). Die Mittagspause füllte ein leckeres Eis mit Lavendelgeschmack, allerdings für happige 7 Euro ...
Provence
Morgens beim Aufbruch in Richtung Cevennen: Hartmuts Tiger springt nicht an, kein Blinker, kein Licht ... also Anschieben ... mehrere nachfolgende Diagnose- und Therapieversuche waren erfolglos. Auch ein Werksattbesuch in Nimes brachte kein Ergebnis, sondern den Hinweis, nicht weiterzufahren. Erst nach der Rückkehr in Lübeck stellt sich raus: eigene Dummheit: mit der Montage eines ActionCam-Halters am Lenker wurde eine elektrische Leitung eingeklemmt - peinlich ... peinlich.
Trotz dieses Problemchens besuchten wir zunächst einen provenzialischen Wochenmarkt, bevor es auf den Berg der Tour-d-France-Leiden, den Mont Ventoux ging. Eine nackte Geröllwüste mit gigantischem Ausblick (bei guter Sicht vom Mont Blanc bis zum Mittelmeer) erwartete uns. Der pfingstliche Ausflugsverkehr am Berg mit zahlreichen Läufern, Einrad-(?) und Zweiradsportlern forderte unsere Aufmerksamkeit. Durch das Vaucluse fuhren wir in das Rhonetal und genossen in Orange am berühmten römischen Amphitheater unter Platanen ein Mittagessen. Ein weiterer Reparaturversuch an der Tiger scheiterte.
Mas du Seignieur
Unsere Unterkunft in den Cevennen stellte sich als ein abgelegenes Ensemble von 400 Jahre alten Steinhäusern heraus, das ursprünglich für den Verwalter der nahegelegenen Goldminen des Grafen errichtet wurde. Das Gehöft ist so abgelegen, dass im 18. Jahrhundert die französischen Hugenotten hier Zuflucht fanden und selbstversorgerisch die Verfolgungen überleben konnten. Aus der Zeit stammt auch noch das verbriefte und noch heute gültige Recht, dass die im Mas du Seignieur geborenen Bewohner auf dem eigenen Grundstück beerdigt werden können. Ein kleiner Friedhof unter Obstbäumen zeugt von dieser jahrhundertealten Tradition.
Geführt wird das einmalige Hotel von Yvonne (Badenerin) und Serge (Elsässer), die sich mit unglaublichem Einsatz für ihre Gäste einsetzen.
Die Frühstücke und Abendessen auf der traumhaften Panoramaterasse (Sonne von frühmorgens bis spätabends), der blitzsaubere Pool, die individuell eingerichteten Zimmer und die ungezwungene Atmosphäre haben uns richtig wohlfühlen lassen. Beeindruckend auch der ca. 2 m breite Schotter-/Asphaltweg, der sich in engsten Serpentinen über 300 m Höhendifferenz aus dem Dorf hochschraubt ...
Cevennen
Zwei Tage hatten wir Gelegenheit, die Cevennen zu erkunden. Einerseits ist die Gegend gekennzeichnet durch bewaldete Mittelgebirgszüge, anderseits beeindruckt der Wechsel von einsam-karstigen Hochebenen und tiefen Schluchten mit bezaubernden mittelalterlichen Dörfern, die wie an die Felsen geklebt erscheinen. Ein Eldorado nicht nur für Kanuten, sondern auch für uns Motorradfahrer.
Les 3 Moulins
Unsere Pension "Les 3 Moulins" in Faugeres war ein weiterer unerwarteter Höhepunkt. Zunächst die unscheinbare Lage inmitten des alten Dorfkerns, umgeben von 2 m breiten Gassen, ohne Hinweisschild, einfach eine alte Holztür in der Mauer. Dahinter tat sich dann ein romatisch-verwinkelter Innenhof mit herrlichem Terassengarten im 1. Stock. Der Hammer waren die Abendessen von Laurent und seiner Freundin, mit viel Liebe zum Detail und sehr kreativ. Auch hier war der Gastgeber bemüht, uns alle Wünsche von den Lippen abzulesen. Am späten Abend und am frühen Morgen war die Stimmung inmitten der uralten Gemäuer zauberhaft.
Languedoc
Während Hartmut seine geliehene Maschine in die Cevennen zurückbrachte und mit der defekten, aber fahrbereiten eigenen Tiger am selben Abend wieder zur Gruppe dazustieß, genossen die 4 Übriggebliebenen eine Fahrt durch das Languedoc mit Besuch eines der schönsten Dörfer Frankreichs, Saint-Guilhem-le-Désert.
Am zweiten Abend unseres Aufenthaltes im Languedoc schockte uns eine kurze Mail der Deutschen Bahn, dass unser Autozug von Narbonne nach Deutschland wegen eines Streiks des französischen Bahnpersonals ersatzlos gestrichen worden sei (mit den Worten endend:"... wir wünschen Ihnen eine angeheme Rückreise, Ihr Autozug-Team"). Nach hektischen Planungen entschlossen wir uns, mit einem Tag Verspätung die Rückfahrt mit dem Autozug von Lörrach aus anzutreten.
Rückfahrt
Auf der unfreiwilligen Rückfahrt ohne Autozug durchquerten wir das untere Tal des Tarn bei Millau mit seiner beeindruckenden Autobahnbrücke (erbaut unter Beteiligung von Sir Norman Foster, eingeweiht 2004) und nahmen anschließend den direkten Weg auf größeren Straßen Richtung Norden. Abends krönten wir unseren Zwischenstop in Bourg-en-Bresse nördlich von Lyon mit einem feinen französischen Essen (unter anderem vorzügliches Bresse-Huhn mit Morcheln) und gelangten am nächsten Tag nach einem schmerzvollen Abschied von Kai nach Lörrach zum Autozug.

